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Tourismus schafft Begegnung

20.12.2019

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6 min

Grußwort von Landtagspräsidentin Birgit Hesse

© Landtagspräsidentin Birgit Hesse, Foto: Silke Winkler

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich heiße Sie herzlich willkommen zum 29. Tourismustag Mecklenburg-Vorpommern. An dieser Stelle möchte ich Wolfgang Waldmüller ein großes Dankeschön aussprechen, der außerplanmäßig für die damals erkrankte Sylvia Bretschneider eingesprungen ist und die Geschicke des Verbandes gelenkt hat. Das hat nicht nur viel Zeit und Raum eingenommen, sondern auch viel Beharrlichkeit und Durchsetzungskraft gefordert – Danke für eine erfolgreiche Arbeit, insbesondere dafür, dass Sie den Veränderungsprozess des Landestourismusverbandes mit der strukturellen Neufassung aktiv mitgestaltet haben. Erlauben Sie mir auch eine Bemerkung in eigener Sache: Auf der morgigen Mitgliederversammlung stelle ich mich als neue Präsidentin des Tourismusverbandes MV zur Wahl. Sollte die Entscheidung positiv für mich ausgehen, freue ich mich sehr darüber, dieses Amt ausführen zu dürfen.

„Digitale Daten als Währung – ist alles umsonst oder nur kostenlos?“ – das ist das Thema des Tourismustages, das uns nicht erst seit heute umtreibt. Die Digitalisierung ist die Herausforderung der Zeit, und da geht es vor allem um den Umgang mit Daten. Wir müssen uns fragen: Was machen wir mit unseren Daten? Wem vertrauen wir die Informationen über unsere touristischen Angebote und Dienstleistungen an? Wie werden sie gebündelt, geordnet und für potenzielle Gäste sichtbar gemacht?

Ich begrüße in diesem Zusammenhang die Open Data-Strategie, die von der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) und ihren Mitgliedern entwickelt wird und der Lösungsansatz für den technologischen und kommerziellen Wandel sein soll. Es geht dabei im Wesentlichen um ein gemeinsames Datenmanagement über alle Ebenen, das heißt über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Bei der Entwicklung der Strategie haben die Bundesländer und die Werbegemeinschaft Magic Cities mitgewirkt und ihre Erfahrungen eingebracht. Und auch die Umsetzung soll von allen mitgetragen werden. Ziel ist es, touristische Daten grenzüberschreitend verfügbar zu machen. Das ist vor allem wichtig, damit sich der Tourismusstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb auch zukünftig behaupten kann. Vielen Dank also an die DZT für diesen Vorstoß in der Frage der Koordinierung der digitalen Transformation.

Die Digitalisierung der Angebotsinformationen ist vor allem als Chance zu begreifen, denn sie bietet in erster Linie Sichtbarkeit, das heißt, neue Möglichkeiten, unsere Region zu präsentieren. Digitalisierung von Verwaltungsprozessen bietet Zeitersparnis, wenn ich etwa an den in Vorpommern deutschlandweit erstmals eingeführten digitalen Meldeschein denke, der das Einchecken per Smartphone ohne Kontakt mit der Rezeption ermöglicht. Zudem schafft sie Erlebnisse. Der Landestourismusverband entwickelt derzeit unter anderem eine so genannte Erlebniswelt, die an die Stelle aus der Zeit gefallener Messestände treten und das Urlausland Mecklenburg-Vorpommern mit allen Sinnen erlebbar machen soll.

Darüber hinaus arbeiten wir an einer Branchenplattform, die als schnelles und effektives Kommunikationsmittel dienen soll, denn die Vernetzung der Partner wird letztendlich der Schlüssel zum Erfolg dieser Destination sein. Nicht zuletzt werden wir die digitale Klaviatur spielen, wenn es um das Werben von dringend benötigten Fachkräften geht. Kurzum: Das Thema Digitalisierung ist allgegenwärtig. An dieser Stelle möchte ich auch noch einen Dank an das Wirtschaftsministerium aussprechen, das gerade bei der Digitalisierung des Landes wertvolle Unterstützung bietet, etwa bei der Einführung von flächendeckenden WLAN-Hotspots.

Bei dem Thema müssen wir weiterhin nach vorn schauen, am Ball bleiben und auch den Breitbandausbau noch stärker ins Visier nehmen, denn er bildet die Grundlage für die Entwicklung dieses Landes. Jetzt blicken noch einmal zurück auf das Tourismusjahr 2019. Wenn wir die Zuwächse, die sich durch die Berichtskreiserweiterung im Herbst 2018 ergeben haben, bei der ja bekanntlich noch einmal 45.000 Betten hinzugekommen sind, herausrechnen, haben wir ein kleines Wachstum in einigen Unterkunftsarten, etwa beim Camping sowie in der Hotellerie zu verzeichnen.

Letztendlich sind die aktuellen Zahlen aber aufgrund dieser Anpassung noch nicht mit dem Vorjahr zu vergleichen. Was wir aber sagen können: Wir haben immer noch die höchste Tourismusintensität der Bundesrepublik und die meisten innerdeutschen Urlauber. Jedoch sollten wir 30 Jahre nach dem Mauerfall auch eine Art Zeitenwandel im Tourismus herbeiführen und die Chance nutzen, Themen vom Tisch zu räumen, deren Verfallsdatum überschritten ist, und welche auf den Tisch zu stellen, die dem Zeitgeist entsprechen. Dabei können wir von Glück reden, denn viele aktuelle Themen wie etwa die Nachhaltigkeit können wir in einem Land, in dem rund ein Drittel der Fläche unter Naturschutz steht, sehr gut bedienen. Darüber hinaus möchte ich Ihnen heute drei Botschaften mit auf den Weg geben, die Maxime für zukünftiges touristisches Handeln sein sollten und für die ich mich als TMV-Präsidentin einsetzen möchte.

1. Qualität sticht Quantität.

Wir sollten uns in Zukunft weniger über Rekordzahlen definieren, sondern vielmehr eine Qualitätsführerschaft anstreben. In einigen Bereichen, wie im Radtourismus, haben uns andere Regionen den Rang abgelaufen. Um hier wieder vorn mitzuspielen, braucht es eine Strategie, die im kommenden Jahr im Rahmen des Umsetzungsmanagements der Landestourismuskonzeption zum Tragen kommen wird. Der TMV arbeitet bereits intensiv daran.

Wir haben uns in Ableitung der Landestourismuskonzeption die Frage gestellt: Wie wollen wir zukünftig handeln, mit welchen Themen und Inhalten? Da fallen Schlagwörter wie Natur, Nachhaltigkeit und natürliche Regionalität. Zudem hat der Tourismusverband in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen dwif-Consulting ein Strategiepapier „Tourismusqualität in MV“ erstellt. Darin wurde ein Umsetzungswerkzeug für ein innovatives und funktionierendes Qualitätsmanagement-Modell für MV entwickelt. Dabei werden Zuständigkeiten, Durchgriffsrechte und Aufgaben ebenso benannt wie eine Abschätzung der dafür notwendigen Ressourcen und Rahmenbedingungen. Mit diesem Instrument ist der TMV erstmalig in die Lage versetzt, auf fundierter Grundlage von Tourismuswissenschaft und Marktforschung Qualitätsmanagement- Instrumente neu auszurichten und die für die Umsetzung geeigneten Akteursnetzwerke zu verstärken.

2. Tourismusbewusstsein stärken

Der Tourismus hat hier im Land eine andere Entwicklung genommen als etwa in führenden Tourismusregionen wie Österreich oder der Schweiz, wo gegenseitige Wechselwirkungen zwischen Gästen und Bevölkerung als einvernehmliche, gewinnbringende Symbiose gelebt wird. 30 Jahre nach dem Fall der Mauer ist Mecklenburg- Vorpommern – und darauf bin ich sehr stolz – ein gesamtdeutsches Reiseziel, oder vielmehr DAS gesamtdeutsche Reiseziel, denn Urlauber aus den alten und neuen Bundesländern halten sich in etwa die Waage.

Dennoch: Schlagzeilen wie „Touristen verdrängen Einheimische. Rügen will kein zweites Sylt werden“ stehen uns schlecht zu Gesicht. Ich möchte das Problem nicht übertreiben, aber dennoch um Augenmaß bitten getreu dem Leitspruch „Wehret den Anfängen!“ Wir müssen uns deshalb um das Thema Tourismusakzeptanz kümmern und deutlich machen, dass diese mit einer Steigerung der Lebensqualität aller Menschen einhergeht, nämlich dann, wenn auch Einheimische übers ganze Jahr aus einer Fülle von kulturellen Angeboten schöpfen können, die es ohne die Urlauber nicht gäbe. Besonders natürlich vor dem Hintergrund, dass viele Menschen im Tourismus eine Erwerbsquelle gefunden haben. Dessen sollte sich jeder bewusst sein, dessen Laune sinkt, wenn er in touristischen Hochzeiten – und das sind ja im Wesentlichen die Ferienmonate – mal etwas länger zum lokalen Supermarkt braucht.

Die Bedeutung des Tourismus muss demnach stärker in die Bevölkerung. Wir müssen mit der Bevölkerung ins Gespräch darüber kommen, wie sie den Tourismus sehen, was sie fühlen und was sie erwarten. Das Bewusstsein muss aber auch in die Politik und nach außen getragen werden. Das ist eine Aufgabe, der wir uns gemeinsam widmen.

3. Tourismus schafft Begegnung

Tourismus ist die Branche, die uns mit der Welt in Kontakt bringt, die Austausch ermöglicht, uns Erfahrungen sammeln lässt über andere Regionen und Menschen. Als Präsidentin möchte ich dem Tourismusverband MV für die nächsten Jahre mit Rat und Tat zur Seite stehen. Dabei möchte ich an die Errungenschaften Sylvia Bretschneiders anschließen, ihren Einsatz für den Tourismus zum Vorbild nehmen und freue mich nicht zuletzt auf den Austausch und die Begegnung mit allen am Tourismus beteiligten Akteuren. Und ich möchte die Rolle des Tourismus zu der machen, die ihr im gesamtwirtschaftlichen Gefüge auch zusteht – und das ist eine große. Die Fragen „Wofür steht der Tourismus“ und „Welche Funktion hat dieser“ muss auch von Menschen in Mecklenburg-Vorpommern beantworten werden können.