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Reiselust bei Menschen mit Beeinträchtigungen gebremst

29.06.2023

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Menschen mit Beeinträchtigungen verreisen grundsätzlich gern, müssen bei der Urlaubsplanung allerdings häufig Abstriche machen. Mehr als jede*r Dritte (38 Prozent) unter ihnen gibt an, sich einen richtigen Urlaub gar nicht leisten zu können. Jede*r Fünfte (21 Prozent) ist durch seine Beeinträchtigung sogar generell an einer Urlaubsreise gehindert, so das Ergebnis einer Umfrage unter 370 Personen in der Teilhabe-Community, die das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Ipsos zusammen mit der Aktion Mensch aufgebaut hat, um Menschen mit Beeinträchtigungen eine Stimme zu geben.

Reiselust bei Menschen mit Beeinträchtigungen gebremst, Bild: Ipsos

Ein Drittel der Befragten (33 Prozent) traut sich nicht, allein in den Urlaub zu fahren. Bei Menschen mit einer psychischen Erkrankung (42 Prozent) ist dies sogar noch häufiger der Fall. „Durch Depression, Angststörung, Panikattacken und Ganzkörperschmerzen möchte ich meinen geschützten Bereich nicht mehr verlassen. Wenn es mir seelisch bessergeht, denke ich an die Zeit vor der Erkrankung zurück und rufe die Bilder von den schönsten Urlauben in mein Gedächtnis“, sagt beispielsweise ein Mitglied der Teilhabe-Community.

Eine Teilnehmerin mit einer körperlichen Beeinträchtigung begründet ihre gebremsten Reisechancen mit der Sorge um adäquate Fortbewegungsmöglichkeiten am Urlaubsort: „So wäre es mir persönlich beispielsweise sehr stressig, mit meinem E-Rollstuhl zu fliegen, da ich immer Angst hätte, dass dieser auf der Reise beschädigt wird. Weiterhin hätte ich Angst, im Urlaubsort nicht von A nach B zu gelangen, weil ich kein Auto oder Taxi finde, was mich mitnehmen würde“.

Von Deutschlandreise bis zur Kreuzfahrt: Die beliebtesten Urlaubsformen

Dabei machen viele Befragte der Teilhabe-Community trotz Beeinträchtigungen und Hürden gern Urlaub. Nach ihrer Meinung zu verschiedenen Aussagen zum Thema Urlaub gefragt, stimmen drei Viertel der Befragten (73 Prozent) „voll und ganz“ oder „eher“ zu, dass sie bei einem Urlaub im Ausland gern Land und Leute kennenlernen. Drei von fünf Befragten (62 Prozent) machen gern Kurzreisen und erkunden Städte. Ein entspannter Badeurlaub (51 Prozent) sowie Wandern und Natur sind bei jedem Zweiten beliebt (53 Prozent), selbst 42 Prozent der Befragten mit einer Bewegungsbeeinträchtigung sind Natur- und Wanderfreunde. Gut jede*r Dritte gibt an, gern Fernreisen zu machen (35 Prozent), fast ebenso viele (32 Prozent) finden Kreuzfahrten ideal, weil man auf bequeme Art viel sehen und erleben kann. Eine große Mehrheit von 89 Prozent stimmt der Aussage zu, dass man auch in Deutschland einen schönen Urlaub verbringen kann.

Inklusionsforscher und Studienleiter Matthias Tobies von Ipsos ergänzt: „Vor allem die ausführlichen Antworten auf unsere offene Frage zu Urlaubsassoziationen zeigen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen eigentlich gern verreisen, sich jedoch teilweise durch Barrieren gebremst fühlen. Manche Hürden ließen sich wahrscheinlich durch Hotels und Reiseveranstalter mit wenig Aufwand abbauen, zum Beispiel durch Angebote für Begleitpersonen oder Shuttle für Rollstuhlfahrer. Entscheidend ist, dazu die Meinung der Betroffenen selbst zu kennen, denn sie sind in diesem Bereich die Expertinnen und Experten.“

Methode

Online-Befragung von 370 Personen im Alter von 20 bis 70 Jahren, die eine oder mehrere Beeinträchtigungen haben. Die Befragung wurde zwischen April und Mai 2023 durchgeführt. Die Daten wurden innerhalb der Ipsos Teilhabe-Community erhoben, deren Mitglieder in ganz Deutschland verteilt leben.

Die Ipsos Teilhabe-Community ist ein Kooperationsprojekt zusammen mit der Aktion Mensch und steht interessierten Institutionen und Unternehmen für Forschungszwecke zur Verfügung.

Die 900 Mitglieder der Teilhabe-Community sind Menschen mit dauerhafter körperlicher Beeinträchtigung, Sinnesbeeinträchtigung, chronischen Erkrankungen, Schmerzen, psychischen Problemen, Beeinträchtigung beim Lernen oder Orientieren im Alltag oder auch Suchterkrankungen. Die Teilnehmenden schätzen ihre Beeinträchtigung im Alltag anhand der WHO-Klassifikation zu Funktionsfähigkeit und Behinderung selbst ein.