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Weniger ist mehr: "Es geht um die Sicherung unserer Lebensgrundlage und die unserer Kinder und Enkelkinder"

25.02.2022

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Die Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern (LEKA MV) informiert seit 2018 mit ihrer Kampagne MVeffizient Firmen über das Thema Energieeinsparung. Das Team der Kampagne trägt aktiv zur Erreichung der Klimaziele bei und unterstützt Unternehmen bei der Umgestaltung der Energieversorgung, berät zu Energieeffizienzmaßnahmen und zur Nutzung von erneuerbaren Energien.

Im Interview: Dipl.-Ing. Arne Rakel

Technischer Berater LEKA MV für die Kampagne MVeffizient

Weniger ist mehr! Wir zeigen Unternehmern in MV auf, wie sie Energie effizient nutzen und erneuerbare Energien integrieren.

Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern:

Damit die Energiewende gelingt, sollte ein effizienter Umgang mit Energie sowie die Nutzung der erneuerbaren Energien forciert werden. Wo sehen Sie als technischer Berater einen dringenden Handlungsbedarf?

Arne Rakel:

Am wichtigsten ist die Sicherung einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit in unserem Bundesland im Kontext steigender Energiepreise, der aktuellen außerordentlichen Belastungen durch die Corona-Beschränkungen und des Klimawandels. Wir können die Unternehmen zumindest bei zwei dieser Handlungsfelder unterstützen: der Senkung der Energiekosten und der Minderung von Umweltauswirkungen durch den Energieverbrauch. Ganz nebenbei eröffnet sich hierdurch auch eine neue Kundenklientel durch die Vermarktung von Klimaneutralität und Nachhaltigkeit.

TMV:

Einige Betriebe haben Respekt vor den hohen Investitionen, um die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Wie kann man die Unternehmen überzeugen, dass es sich um einen langfristigen und nachhaltigen Vorteil handelt?

Rakel:

Alle Unternehmen sollten verstehen, dass sich die Investitionskosten für die Anschaffung erneuerbarer Energieanlagen oder effizienter Technik durch Energie- und Kosteneinsparung sowie Fördermittel rentieren und sie dazu noch einen Mehrwert für ihren Marktauftritt generieren. Das macht sie unabhängig von steigenden Energiepreisen und eröffnet neue Absatzchancen durch die Vermarktung von Klimaneutralität und Nachhaltigkeit. Hauptsächlich geht es hierbei um die Senkung der Wärmeverluste, eine effizientere Prozessgestaltung und die Eigenversorgung mit Sonne, Erdwärme und Biomasse. Eine Kilowattstunden Strom aus der Photovoltaikanlage kostet beispielsweise heute zwischen drei und elf Cent. Für den Strom aus der Steckdose zahlen Gewerbetreibende heute um die 23 Cent je Kilowattstunde.

TMV:

Sie stellen Kontakte zu Energie- und Fördermittelberatern her. Möchten Sie uns Tipps und Beispiele zu Fördermöglichkeiten nennen?

Rakel:

Sowohl auf Bundes- als auch Landesebene wird es noch in diesem Frühjahr neue Förderkulissen geben. Derzeit gibt es konkrete Fördermöglichkeiten in Form von Zuschüssen oder zinsgünstigen Darlehen für Energieberatungen, Nachhaltigkeitsmaßnahmen, Energiemanagementsysteme und auch für Investitionen in betriebliche Anschaffungen zur Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien und E-Mobilität.

TMV:

Welche Klimaschutzmaßnahmen würden Sie als Experte beispielsweise einem Hotel zuerst empfehlen und können Sie uns Best Practice-Beispiele nennen?

Rakel:

Energie ist immer ein sehr individuelles Thema und hängt zunächst von den Gegebenheiten ab. Wie groß ist das Haus, gibt es ein Restaurant oder ein SPA, welche Energieträger werden aktuell genutzt und welche erneuerbaren Energien machen an dem jeweiligen Standort Sinn. Die Maßnahmen sind entsprechend vielfältig: Von niederschwelligen Verhaltensschulungen der Mitarbeiter über wirksame Einzelmaßnahmen zur Effizienzsteigerung zum Beispiel von Heizung, Lüftung und Klimatisierung bis hin zur Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien im Rahmen eines Gesamtenergiekonzeptes. Weitere gute Beispiele gibt es für Energiemanagementsysteme, Wärmerückgewinnung, Beleuchtungssysteme und Blockheizkraftwerke, Photovoltaik- und Wärmepumpenanlagen.

Dass Hotels sich heute komplett mit erneuerbaren Energien versorgen können, zeigt zum Beispiel das Haffhus in Ueckermünde. Aber auch die Gutshäuser in Parin und Stellshagen sind vorbildlich, was die Nutzung von Ressourcen angeht. Viele gute Beispiele finden sich auch auf unserer Webseite unter www.mv-effizient.de/best-practice.

TMV:

Im Rahmen unseres Modernisierungssprints planen wir mit Ihnen als Partner ein Netzwerktreffen speziell für Tourismusakteure. Können Sie kurz die Vorteile nennen und von Ihren bisherigen Erfahrungen mit anderen Akteuren berichten?

Rakel:

Im vergangenen Jahr haben wir 100 Beratungen durchgeführt. Setzen die Unternehmen dieser Beratungen die vorgeschlagenen Maßnahmen um, reduziert sich der Gesamtenergieverbrauch für Strom und Wärme um 19 Gigawattstunden und es könnten knapp drei Millionen Euro an Kosten pro Jahr eingespart werden. Auch das Klima profitiert: Hinzu kommt eine CO2-Einsparung von 7.500 Tonnen jährlich.

Zu den Maßnahmen gibt es von uns eine erste Beratung, einen Fördermittelcheck sowie Empfehlungen, diese aktiv zu kommunizieren, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

Unsere Vernetzungsaktivitäten durch Beratungen, Vorträge und unser Effizienznetzwerk erlaubt den Unternehmen nach dem Prinzip der „Schwarmintelligenz“ schnell und effektiv Maßnahmen und deren Wirksamkeit von erfolgreichen Vorbildern zu übernehmen und zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen.

TMV:

Was wünschen Sie sich für die Zukunft, damit eine Energiewende gelingt?

Rakel:

Die wichtigste Notwendigkeit aus meiner Sicht ist, das Anerkennen der wissenschaftlichen Beurteilung der Lage und der Tatsache, dass es um nicht weniger als die Rettung unserer Lebensgrundlage und die unserer Kinder und Enkelkinder geht. Hierzu braucht es entschlossenes Handeln der Unternehmerschaft, die Produkte und damit auch den Konsum nachhaltiger zu gestalten. Die Politik sollte hierfür die rechtlichen Rahmenbedingungen und bildungsinhaltlichen Voraussetzungen schaffen.


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