23.06.2020
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Entwicklung der Anfragen, Interessen von Nachfragern, Personalsituation und Arbeitsfelder der Tourismusorganisationen
Der Neustart des Tourismus im Zuge der Corona-Krise ist in allen Bundesländern erfolgt. Auch die Öffnung der europäischen Grenzen steht kurz bevor. Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen werden den Tourismus jedoch längerfristig begleiten. Das Sparkassen-Tourismusbarometer gibt regelmäßig Orientierung. Vom 26. Mai bis 2. Juni 2020 wurde bei den lokalen und regionalen Tourismusorganisationen eine Kurzbefragung zu den Auswirkungen der Corona-Krise durchgeführt. Dabei ging es die Entwicklung der Anfragen, die Personalsituation, die Interessen der Nachfrage und die Arbeitsfelder der Tourismusorganisationen. Insgesamt haben 143 Orte und Regionen in insgesamt neun Bundesländern an der Befragung teilgenommen.
Die wichtigsten Ergebnisse:
Große regionale Unterschiede beim Anfragevolumen nach Lockerungen
Nach den angekündigten Lockerungen für den Übernachtungstourismus berichten 45 Prozent der aktuell befragten lokalen und regionalen Tourismusorganisationen von einem gleichbleibenden oder sogar gestiegenen Anfragevolumen im Vergleich zu einem Normaljahr. Teile der deutschen Bevölkerung scheinen auf diesen Startschuss gewartet zu haben, viele reagieren jedoch weiterhin sehr zurückhaltend.
Gleichzeitig deutet dieses Ergebnis auch darauf hin, dass im Deutschlandtourismus in der ersten Phase des Re-Starts nicht flächendeckend mit einem Nachfrageniveau auf oder über dem Vor-Corona-Zeitraum zu rechnen ist. Auch nicht mit einer Zusatznachfrage aus dem Inland. Schließlich müss(t)en vielerorts erhebliche Nachfrage-Einbußen aus dem Incoming-Tourismus sowie dem Veranstaltungs- und MICE-Bereich kompensiert werden. Insbesondere der Städtetourismus läuft, wenn überhaupt, nur sehr zögerlich wieder an. Im Zuge der europäischen Grenzöffnungen wird darüber hinaus ein Teil der erhofften zusätzlichen Gäste aus dem Inland aller Voraussicht nach nun doch die Möglichkeit nutzen, den Sommerurlaub im Ausland zu verbringen.
Regional entwickeln sich die Anfragen sehr unterschiedlich. Während in Schleswig-Holstein zum Beispiel 82 Prozent der Organisationen von gleichbleibenden oder gestiegenen Anfragen berichten, sind es in Ostdeutschland 48 Prozent und in Westfalen-Lippe und Niedersachsen nur rund ein Drittel. Hierin spiegeln sich insbesondere die individuellen Tourismusstrukturen, aber auch die unterschiedlichen Corona-Verordnungen der Länder wider.
Unterkunftsformen für einen autarken Urlaub im Trend
Möglichst wenige Kontakte, Selbstversorgung, To-Go-Angebote. Für Unterkunftsformen wie Ferienwohnungen/-häuser, Camping, Reisemobilisten sowie den Außer-Haus-Verkauf in der Gastronomie registrieren die Touristiker*innen eine steigende Nachfrage. Das Gästeverhalten bestätigt hier unsere Annahmen im Rahmen der Sparkassen-Tourismusbarometers zu den Regenerationsgeschwindigkeiten einzelner Segmente aus den vorherigen Kurzberichten (Mehr dazu in unserem dwif-Corona-Kompass).
Eine rückläufige Nachfrageentwicklung ist derzeit vor allem noch in Gruppenunterkünften, Restaurants, Cafés/Bars, der Hotellerie, den Ferienzentren und den Privatzimmern festzustellen.
Naturbezug und Regionalität gefragt
Naturerlebnisse, Outdoor, Wasser & Strand – das sind die aktuellen Trendthemen. Sie standen schon vor der Corona-Pandemie hoch im Kurs der Urlauber*innen und haben nach Einschätzung der befragten Touristiker*innen in den Orten und Regionen noch einmal zugelegt. Hinzu kommt der Wunsch nach Regionalität vor Ort in all ihren Facetten, die es deshalb noch stärker herauszustellen gilt.
Besonders bei der Bedeutung von Sicherheit und Nachhaltigkeit auf künftigen Reisen gehen die Erwartungen der Touristiker*innen hingegen auseinander. Hier wird sich erst noch zeigen, ob die Corona-Pandemie tatsächlich – anders als andere Krisen zuvor – einen längerfristigen Wandel im Reiseverhalten und den Bedürfnissen der Gäste mit sich bringt.
Personalsituation: Schrittweise Rückkehr zur Normalität
Die Corona bedingten Maßnahmen im Zuge des geringeren Arbeitsanfalls beziehungsweise zur Reduktion der Personalkosten werden langsam und schrittweise zurückgefahren. Anfang Juni arbeiteten 52 Prozent der lokalen und regionalen Tourismusorganisationen (Mai: 45 Prozent) wieder nahezu auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie.
Auch der Höhepunkt der Nutzung des Instrumentes der Kurzarbeit scheint erreicht. Rund 40 Prozent der Befragten hatten Anfang Juni fest Angestellte auf Kurzarbeit gesetzt. Ob mittelfristig ein tatsächlicher Stellenabbau einsetzt, ist noch nicht abzusehen.
Managementaufgaben gewinnen weiter an Bedeutung
Schon seit Jahren befinden sich Rollen und Aufgaben von Tourismusorganisationen auf allen Ebenen in einem massiven Umbruch. Die Entwicklung geht von „reinen“ Marketingorganisationen hin zu integrierten Managementorganisationen mit Fokus auf Lebens- und Aufenthaltsqualität aller Menschen, die sich in der Region aufhalten. Die Corona-Pandemie beschleunigt diesen Prozess offensichtlich. Befragt nach Veränderungen in den Arbeitsfeldern messen jeweils gut drei Viertel der Organisationen der Digitalisierung sowie der Kommunikation mit den Leistungsträger´*innen eine steigende Bedeutung bei. Auch die Kommunikation mit Behörden, Kommunen und weiteren Stakeholdern wird offensichtlich intensiver, die Netzwerke enger.