15.01.2022
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Beitrag von Martin Lohmann der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. (FUR)
Für die CMT 2022 hat die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. (FUR) eine erste vorläufige Bilanz des Tourismus in 2021 erstellt und die touristischen Trends des neuen Jahres ermittelt.
Der internationale Tourismus ging 2021 im Verhältnis zu 2019 um über 70 Prozent zurück. Weltweit wird die Zahl der Ankünfte von internationalen Gästen nach Schätzungen der FUR auf Grundlage von Daten der UNWTO voraussichtlich bei etwa 351 Millionen liegen, nach 381 Millionen 2020 und 1,46 Milliarden im Jahr 2019. Damit liegt das Volumen des internationalen Tourismus etwa auf dem Niveau von 1987.
In Deutschland sank in den ersten zehn Monaten des Jahres 2021 die Zahl der Gästeübernachtungen im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um weitere sechs Prozent, nach einem Minus von 36 Prozent im Vorjahr laut Statistischem Bundesamt 2021. Für 2021 kann man insgesamt mit etwa 284 Millionen (nach 302 Millionen 2020) Übernachtungen in Deutschland rechnen. 2019 waren es noch 496 Millionen gewesen.
Hintergrund dieser Entwicklung: Seit Jahresanfang 2020 beeinflusst die rasche Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und der dadurch verursachten Erkrankung COVID-19 das Leben in nahezu allen Ländern der Welt. Aufgrund der gegen die Verbreitung des Virus ergriffenen Maßnahmen kam der grenzüberschreitende Urlaubstourismus zeitweise fast vollständig zum Erliegen. Auf der Angebotsseite sind weiterhin sämtliche Segmente der Touristikwirtschaft, also zum Beispiel Hotellerie, Gastronomie, Verkehrsunternehmen, Reiseveranstalter und -büros von den Pandemiefolgen betroffen.
Für den Bereich der Urlaubsreisen der Deutschen erwartet die FUR nach den vorläufigen Daten auf der Basis der Reiseanalyse (RA) vom Jahresende für 2021 ein niedriges Niveau der Nachfrage mit einem Volumen von etwa 50 Millionen Urlaubsreisen (Niveau wie im Vorjahr). Die erwartete Zahl der Kurzurlaubsreisen (Dauer zwei bis vier Tage) liegt bei 47 Millionen (+ 27 Prozent geg. Vorjahr, - 50 Prozent geg. 2019) [Quelle: Trendabschätzungen auf der Basis der RA 22, Online-Erhebung im November 21].
Bei allen Bevölkerungsgruppen war die Urlaubsreiseintensität in den Jahren 2020 und 2021 geringer als 2019. Besonders sank die Teilnahme an Urlaubsreisen bei Älteren über 60 Jahre und Personen aus Haushalten mit geringem Einkommen. Geändert hat sich auch die Gästestruktur in den Zielgebieten: Unter den Urlaubsgästen in Baden-Württemberg waren jüngere Urlauber häufiger als vor der Pandemie. In Österreich gab es Marktanteilszuwächse besonders in den mittleren Altersgruppen (30-69 Jahre), während Senioren (70+) seltener kamen.
Die Indikatoren für die touristische Nachfrage im Jahr 2022 zeigen eine positive Ausgangslage. Hinsichtlich der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sind die Deutschen optimistischer als noch vor einem Jahr. Positiver wird auch die eigene Lage eingeschätzt: 22 Prozent (Vorjahr 17 Prozent) erwarten, dass sich ihre persönliche wirtschaftliche Situation in einem Jahr verbessert haben wird; 24 Prozent (Vorjahr 25 Prozent) befürchten eine Verschlechterung. Die restlichen 54 Prozent erwarten keine Veränderung. Die insgesamt als stabil wahrgenommene individuelle wirtschaftliche Situation ist eine wichtige Vorbedingung für den Urlaubstourismus 2022.
Mit Urlaubsreisen 2022 haben sich bereits im November mehr als vier von fünf Deutschen (82 Prozent) gedanklich beschäftigt. Ob jemand tatsächlich eine Reise antritt, ist dann eine Frage des Könnens (Zeit und Geld) und des Wollens (Urlaubslust). Danach wurde direkt gefragt: Die Urlaubslust ist mit 61 Prozent auf einem Höchststand (Vorjahr 51 Prozent), die Faktoren Zeit (72 Prozent) und Geld (70 Prozent) zum Reisen werden ebenfalls so günstig wie noch nie zuvor eingeschätzt. Insgesamt drücken diese Ergebnisse eine sehr positive Urlaubsstimmung aus. Deutlich wird so ein aktueller Nachholbedarf. Urlaubsreisen waren und bleiben für die meisten Deutschen ein unverzichtbarer Bestandteil der Lebensqualität.
Trotz dieser kundenseitig guten Voraussetzungen ist aber auch 2022 mit einer geringeren Nachfrage im Vergleich zu 2019 zu rechnen. Denn ebenso wie in den Vorjahren beeinflussen die Regelungen und Begrenzungen die Zugänglichkeit und die Kapazitäten touristischer Angebote und damit das Volumen der Urlaubsreisen und deren Gestaltung. Die Unwägbarkeit der wechselnden Vorschriften führt bei vielen Reisewilligen zum Abwarten bei der konkreten Reiseplanung und -buchung. Der Informationsbedarf ist hoch. Von den Anbietern erwarten Reisewillige viel Flexibilität und Kulanz.
Zu rechnen ist mit einem Volumen von etwa 60 Millionen Urlaubsreisen der deutschsprachigen Bevölkerung, einem noch hohen Anteil von Zielen im Inland und in den Nachbarländern und einem gegenüber 2019 relativ geringen Anteil von Flugreisen. Im Vergleich zu 2020/2021 bedeutet das einen Schritt Richtung Normalisierung zur Situation vor Ausbruch der Corona-Pandemie.
Campingurlaub findet unter den aktuellen Bedingungen neue Freunde. Noch nie waren so viele Deutsche an Ferien mit einem Wohnmobil (15 Prozent) oder im Caravan (zwölf Prozent) interessiert. Der Marktanteil des Campingurlaubs (2021 ca. 7,5 Prozent der Urlaubsreisen) wächst langsamer, aber stetig.
Die Tourismusnachfrage wird „nach“ Corona nicht völlig anders als vor Corona. Die Pandemie spielt als direkter Treiber für die Nachfrageentwicklung eine zeitlich befristete Rolle. Unter der Voraussetzung, dass der Umgang mit der Pandemie wieder ein gesellschaftliches Leben im gewohnten Maß erlaubt, wird das Urlaubsreiseverhalten ab 2023 wieder den ohne Pandemie erwarteten Entwicklungspfad nehmen.
Die Basis-Triebkräfte für Urlaubsreisen bestehen fort. Die Menschen bleiben die gleichen, mit ihren Motiven, Gewohnheiten und Präferenzen, aber auch ihrer Flexibilität und ihrer Verschiedenheit.
Der Tourismus entwickelt sich aber auch in Zukunft dynamisch. Der Wandel kommt vor allem durch Entwicklungen in den Rahmenbedingungen und im touristischen Angebot, etwa bei den Themen Nachhaltigkeit, technologischer Wandel und Personal.
Urlaubsreisen zum Wohle der Reisenden und ihrer Gastgeber werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle in Gesellschaft und Wirtschaft spielen.
Download: Urlaubsreisetrends 2022
Hintergrund:
Diese Unterlage ist durch die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. (FUR) für die Eröffnungspressekonferenz der CMT 2022 erarbeitet worden. Die FUR ist der Träger der jährlichen Reiseanalyse (RA). Zur fachlichen Vorbereitung hat die FUR im November eine aktuelle Umfrage durchgeführt (repräsentativ für die deutschsprachige Wohnbevölkerung 14-75 Jahre; n = 2.500, Erhebung durch Ipsos) und die Zeitreihen der Reiseanalyse ausgewertet. Die RA 2022 mit Erhebungswellen im Mai, Sept., Nov. und Jan. ist die 52. Reiseanalyse.