02.04.2020
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Umsätze brechen ein | Kaum alternative Geschäftsmodelle möglich | Staatliche Hilfen nötig | Zukunft unsicher | Krisenmanagement im Tourismus gut bewertet
Die touristischen Organisationen und Verbände auf der regionalen und der kommunalen Ebene in Mecklenburg-Vorpommern sind in erheblichem Maße von der Corona-Krise betroffen und stehen teilweise vor einer ungewissen Zukunft. Eine aktuelle Umfrage des Landestourismusverbandes (TMV) mit mehr als 80 teilnehmenden Regional- und Fachverbänden, Kurverwaltungen, Stadtmarketing-Gesellschaften, Tourist-Informationsstellen und Tourismusvereinen weist die äußerst schwierige Situation nach.
42 Prozent der Befragten melden demnach aktuell Umsatzeinbrüche zwischen 75 und 100 Prozent; etwa die Hälfte gibt an, auf staatliche Hilfen angewiesen zu sein. Durch den aktuellen Stillstand im Tourismus brechen diesen Unternehmen insbesondere Einnahmen aus Marketingaktivitäten, Veranstaltungsorganisation und Vertriebsgeschäft weg. Verluste, die nicht kompensiert werden können: Fast alle (92 Prozent) der Befragten gaben an, keine alternativen Geschäftsfelder erschließen zu können. Acht Prozent setzen auf Alternativen und richten Online-Shops für Souvenirs ein beziehungsweise suchen nach Angeboten, mit denen sie Gastronomen und Einzelhändler unterstützen können.
Dazu Tobias Woitendorf, Geschäftsführer des Landestourismusverbandes: „Die Zahlen machen sehr deutlich, dass mit dem Tourismus ein ganzes Geschäftsfeld betroffen und bedroht ist. Neben den Hotel- und Restaurantbetrieben trifft es auch Regionalverbände, Kurverwaltungen und Touristinformationen, die sich um Gästekommunikation, Marketing und strategische Tourismusplanung kümmern. Gerade mit Blick auf das Wiederbeleben des Tourismus nach der Krise sind diese Strukturen jedoch von immenser Bedeutung.“
Der Landestourismusverband bereite derzeit einen konzeptionellen Ansatz für den Neustart unter veränderten Rahmenbedingungen vor. Er sei dabei auf arbeitsfähige Partner auf Regional- und Ortsebene angewiesen, die mit allen Mitteln unterstützt und stabilisiert werden müssten. Sowohl Orte und Kreise als auch Land und Bund seien angesichts unterschiedlicher Trägerschaft gefragt, so Woitendorf weiter.
Der Landestourismusverband und der Dehoga MV haben aktuelle Forderungen der Branche in einem so genannten Living Paper zusammengefasst. Darin fordern die Verbände unter anderem Soforthilfe in Form nicht rückzahlbarer Zuschüsse für Tourismusverbände/-organisationen, deren Tätigkeit durch die finanziellen Ausfälle im wirtschaftlichen Bereich bedroht ist sowie die Stabilisierung von Kommunen, touristischen Verbänden und Organisationen zur Vorbereitung des Bewältigens der Krisenfolgen.
Die von der Krise betroffenen Tourismusorganisationen und -verbände versuchen sich mit unterschiedlichen Maßnahmen an die aktuelle Lage anzupassen: Etwas mehr als die Hälfte plant Kurzarbeit ein, bei den regionalen Organisationen sind dies sogar zwei Drittel. Rund 40 Prozent benötigen nicht rückzahlbare Zuschüsse, 23 Prozent setzen auf Kredite und Darlehen. Alarmierend ist, dass knapp 15 Prozent der Befragten schon jetzt die Entlassung von Mitarbeitern einkalkulieren müssen und etwa jede zehnte touristische Organisation auf regionaler Ebene die Geschäftsaufgabe als eine mögliche Krisenfolge sieht.
Insgesamt können knapp 40 Prozent der Befragten derzeit nicht einschätzen, ob sie nach der Krise in einer vergleichbaren Struktur weiterarbeiten können. Erschwerend hinzu kommt bei vielen die unsichere Lage im Umgang mit laufenden EU-Projekten, die in der Regel mit Eigenmitteln gegenfinanziert werden müssen.
Laut Umfrage sind derzeit rund 80 Prozent der öffentlichen Bereiche in den Orten und Regionen entweder geschlossen oder gesperrt. So geben 91 Prozent der Befragten an, dass die zentrale Anlaufstelle für Urlauber – das Haus des Gastes – für den Publikumsverkehr geschlossen ist. 54 Prozent vermelden, dass öffentliche Toiletten geschlossen sind, rund 23 Prozent geben dann, dass Marinas und Häfen nicht mehr zugänglich sind.
Fast alle Befragten (92 Prozent) kommunizieren auch in der Corona-Krise mit ihren Gästen. Dies geschieht auf unterschiedlichen Wegen: 94 Prozent nutzen E-Mails, 96 Prozent das Telefon und 65 Prozent Soziale Medien. Ein großer Teil der Anfragen dreht sich um die geltenden Reisebeschränkungen und um Besuchsrechte sowie um die noch nicht zu beantwortende Frage, wann und wie wieder gereist werden könne.
Neben Veranstaltungen ist auch ein großer Teil der geplanten Marketingaktivitäten abgesagt oder auf Eis gelegt worden. Die Tourismusorganisationen in MV setzen in der Krise vor allem auf Online-Werbung (49 Prozent), Social-Media-Aktivitäten (82 Prozent) sowie den Versand von Prospekten (70 Prozent).
Der Umfrage zufolge bezieht ein Großteil (80 Prozent) der kommunalen und regionalen Tourismusorganisationen sowie der Fachverbände relevante Informationen zur Corona-Krise neben Behörden und Verwaltung (87 Prozent) direkt beim Landestourismusverband, der dafür die neue Branchenplattform tourismus.mv nutzt. Diese zählt bereits rund 16.000 Aufrufe.
60 Prozent beziehen Informationen zur Krise auch von Regionalverbänden, 16 Prozent von Fachverbänden und 9 Prozent von den Industrie- und Handelskammern. Das touristische Krisenmanagement erhält insgesamt gute Noten. Auf einer Skala von eins bis fünf bewerten die Befragten die Arbeit des TMV im Durchschnitt mit der Note 1,83. Die Regionalverbände schneiden mit der Note 1,89 ebenfalls gut ab; das Krisenmanagement von Behörden und Verwaltung wird mit 2,22 benotet.